Anfangs gab es in dem Bereich nichts, mittlerweile kenne ich 5 Lehrwerke von 4 Verlagen - die teilweise auf sehr unterschiedlichen Konzepten basieren.
Der Klett-Verlag brachte 2016 als erster ein neues Lehrwerk für den intensiven DaZ-Unterricht heraus: Das DaZ-Buch. Bis dahin hatte es nur DaF-Lehrwerke - nämlich für Deutsch als Fremdsprache - gegeben. Mittlerweile ist auch der Band 2 erschienen - beide mit Kurs- und Übungsbuch und Audiodateien im Internet, die man per Augmented-App auch auf ein Smartphone herunterladen kann. Das DaZ-Buch sollte eine Komplettlösung sein, die Seiteneinsteigerklassen innerhalb eines Jahres auf den Übergang in eine Regelklasse vorbereitet. Verglichen mit früheren DaF-Lehrwerken für Kinder und Jugendliche ab Klasse 5 passen die Inhalte sehr viel besser zur Lebenswirklichkeit von Schülern in internationalen Klassen. Komplett ist die Lösung m.E. aber nicht, weil man einfach nicht davon ausgehen kann, dass in solchen Klassen alle Kinder alphabetisiert sind und so gut lesen und schreiben gelernt haben, dass sie dem Unterricht mit dem DaZ-Buch folgen können. Eine Schülerin berichtete auf meine Frage hin, dass in ihrer IK 17 Kinder seien, von denen 9 nicht lesen können - zumindest nur sehr schlecht. Von denen könnten wiederum 3 gar nicht lesen und schreiben. Die schwachen Schüler bekämen Blätter mit ganz vielen Linien. Die anderen Schüler arbeiten mit dem DaZ-Buch. Es ist mit über 200 Seiten pro Band samt Übungsbuch sehr umfangreich und mit knapp 30 Euro recht teuer. Alpha-Material fehlt völlig.
Auch das Lehrwerk INTRO des Westermann-Verlages ist dafür gedacht, Seiteneinsteiger innerhalb eines Jahres fit für die Integration in den Regelunterricht der Sekundarstufe I zu machen. Das Buch nimmt Rücksicht darauf, dass Schüler fortlaufend in die Klasse kommen und sie oft zu unterschiedlichen Zeiten wieder verlassen. Darum ist nur das Kapitel 1 dafür gedacht, dass alle Schüler es als erstes bearbeiten. Ansonsten steigen sie in dem Kapitel ein, in dem die gesamte Lerngruppe gerade bei ihrern Ankunft ist, weil die Kapitel untereinander keine Steigerung in der Schwierigkeit aufweisen und nicht aufeinander aufbauen. Interessant ist, das jedes Kapitel schwerpunktmäßig einen Einblick in den Unterricht eines Faches ermöglicht und verschiedene moderne Lerntechniken einübt. Die Kapitel sind aus meiner Sicht allerdings aber nicht gleich leicht sondern gleich schwer und stellen hohe Anforderung an Schüler mit geringen Deutschkenntnissen - auch was die Fähigkeit zu selbstständigem Lernen angeht. Zusätzlich zum Kursbuch gibt es insgesamt 9 verschiedene Arbeitshefte: Thematisch sind es drei - jeweils für zwei Kapitel des Kursbuches und das dann jeweils für die Sprachniveaus A1, A2 und B1. Welches Thema bestellt wird, hängt vom Kapitel ab, das gerade durchgenommen wird und das Sprachniveau vom Lernstand des einzelnen Schülers. Zusätzlich gibt es noch ein schön gemachtes Alphabetisierungsheft, das mit einer Doppelseite pro Buchstaben allerdings wohl eher nur für Zweitschriftlerner geeignet ist. Für eine grundlegende Alphabetisung ist das viel zu wenig. Zur Produktfamilie gehört auch INTRO Mathe, eine Reihe von Heften zur Vorbereitung auf den Regelunterricht Mathematik in der Sek I.
Der Schroedel-Verlag (ein Teil der Westermanngruppe) hat drei Arbeitsheften herausgebracht: Schritt für Schritt I bis III - Deutsch für Jugendliche. Wie die vorgenannten Lehrmaterialien sollen auch diese 3 Hefte (mit ca. je 90 Seiten) bis zur Stufe B1 des europäischen Referenzrahmens führen. Sie können in Sprachlernklassen, in außerschulischen Sprachkursen und im differenzierenden Deutschunterricht eingesetzt werden. Der Unterschied zu anderen Lehrwerken liegt darin, dass es kein paralleles Kursbuch gibt. Das gefällt mir erst mal ganz gut, denn so wird immer gleich an Ort und Stelle geschrieben, und es sind keine Verweise zwischen Kurs- und Übungsbuch und den zugehörigen Audios nötig. "Schritt für Schritt" setzt das Lesen und Schreiben voraus. Einen Alpha-Schreibkurs für diese jugendliche Zielgruppe finde ich nicht. Aber auch inhaltlich gefällt mir das Arbeitsbuch spontan nicht so gut. Man muss schon mehrfach schauen, was da in welcher Reihenfolge und warum gelernt werden soll. Auch ist die Schrift oft sehr klein. Am allermeisten stören mich die Checkpoints. Sie stehen wie Fremdkörper zwischen den Lernseiten und sind von Sprachanfängern sicher nicht zu bewältigen (siehe bes. Probeseite 12-13 und das Inhaltsverzeichnis zu Heft I). Und die Lernüberblicksseiten ... ? Die Schüler haben anfangs vermutlich andere Sorgen als "die Aufgabe" von zwei Doppelseiten in eine Tabelle einzutragen und mit Smileys zu bewerten. Das alles braucht entweder viel Hilfe oder man lässt die Seiten einfach aus. Was ich dagegen völlig vermisse, sind Wortlisten z.B. vor den Checkpoints oder als alphabetische Liste mit Seitenverweis am Ende des Kurses. Insgesamt schaffen die wenigen Probeseiten bei den o.g. Produkten der Westermanngruppe nur einen sehr kleinen Eindruck vom Lehrmaterial. Da ist man durch die (Teil-)Livebooks anderer Verlage verwöhnt und fühlt sich besser informiert.
Ein weiteres DaZ-Arbeitsheft kommt von Mildenberger: Deutsch als Zweitsprache für Jugendliche. Es gehört zur bereits vorgestellten
Reihe "Willkommen in Deutschland" ist aber völlig anders aufgebaut. Während ich die
Grundschulhefte wegen der gleichförmigen Kapitel nur als ergänzendes Material nutzen würde, kann man das Heft für Jugendliche m.E. gut kurstragend einsetzen. Band II ist ebenfalls erschienen.
Beide Hefte nehmen nicht für sich in Anspruch, das Level B1 zu erreichen. Schwerpunkt ist vielmehr (lt. freundlichem offenem Brief der Verfasserinnen - innere
Umschlagseite), Mitteilungskompetenz in mannigfaltigen Alltagssituationen zu fördern. Die Vielfalt der Aufgaben, eine schöne und übersichtliche Gestaltung,
Wortlisten zu den Kapiteln und als Gesamtliste am Ende des Heftes machen es zu meinem Favoriten, wenn ich für eine neue Lerngruppe ein Arbeitsheft suche. Bei einem Preis von 7,50 € kann man hier
einfach mal ausprobieren, wie man mit dem ersten Heft zufrieden ist. Ergänzende Materialien wird man immer suchen müssen. Allerdings setzen auch diese beiden Bände Lese- und Schreibkenntnisse
voraus. Wie bei den Grundschulheften hat der Verlag dem Rechnung getragen und zum Band I einen parallel zu nutzenden Alphakurs entwickelt. Allerdings hält sich der Kurs für die Jugendlichen viel
zu nah am Grundschulkurs. Das fängt schon mit den Zahlenseiten an. Jugendliche brauchen keine Blümchen-Darstellungen der Zahlen. Stattdessen dürften die Zahlen auch schon bis 10 --> bis 20
--> bis 100 gehen - in Ziffernschreibweise natürlich
(das haben meine Schüler immer sofort gelernt, weil ich ja auch die Mathelehrerin war). Auf den folgenden Kursseiten wurde kaum etwas verändert, Grafiken durch Fotos ersetzt und die
abenteuerliche Buchstabenprogression nur ganz leicht abgewandelt (aber sicher nicht besser). Wo sich die Themen voneinander entfernten, wurden Bilder (bei sehr ähnlichem Seitenlayout) passend zum
Jugendkurs eingefügt. Ich fände es gut, wenn der Druckschriftkurs einfach noch einmal neu aufgesetzt würde - näher an den Inhalten des Arbeitsheftes und mit einer weniger abenteuerlichen
Reihenfolge der Buchstaben. Aber hier geht es zunächst ja nur um eine "Marktübersicht". Darum werde ich Genaueres über die Arbeitshefte an späterer Stelle schreiben.
Schießlich komme ich zum Hueber-Verlag, der mit "Beste Freunde" nach einer Vielzahl von Vorgängerkursen ein neues DaF-Lehrwerk ab dem Level A1 präsentiert. Damit
gehört es eigentlich nicht hier hin,
denn ich wollte mich ja auf Alpha- und DaZ-Lehrwerke beschränken ... wäre da nicht der neue Einstiegskurs DaZ - Beste Freunde. Er trägt der Tatsache Rechnung, dass spätestens seit 2015 eine neue Art internationaler Klassen gegründet
werden musste, in denen ganz andere Schüler sitzen als in den Jahren zuvor - großenteils mit Kriegserfahrung, Fluchtgeschichte und oft geringer Schulerfahrung. Der Vorkurs ermöglicht einen
"schonenderen Übergang" ins Sprachlernen. In einem Gespräch auf der Didacta erfuhr ich, dass das Heft von einer Lehrerin auf der Grundlage ihrer praktischen Erfahrungen entstanden ist. Egal ob
ich das nun richtig erinnere, oder ob es evtl. doch nicht stimmt: Das ca. 70-seitige Arbeitsheft ist übersichtlich und schön gestaltet, die Anweisungen sind leicht verständlich - und nicht: "Rekonstruiere den Dialog", wie ich es früher in einem A1-Lehrwerk lesen konnte ;-) ... Und der Verlag empfiehlt es auch allgemein als Vorkurs für andere A1-Lehrwerke. Ich würde damit
gerne in jeden A1-Kurs einsteigen, weil es für neue Schüler ein schöner Vorlauf ist. Allerdings hat man auch hier nicht an die Schüler gedacht, nicht alphabetisiert sind.
Allerdings hat der Verlag einen Alphakurs im Angebot, der vorher schon in Integrationskursen mit Alphabetisierung für Erwachsene
eingesetzt wurde: Schritte plus Alpha. Dort gibt es ihn dreibändig oder
auch als gekürzte Version "kompakt" für die schnellere Progression bei Zweitschriftlernern. Während man ja Grundschulmaterialien noch zweckentfremden kann, ist das m.E. bei Lehrwerken für
Erwachsene nicht möglich. Da werden die Lerner gesiezt und nach Beruf, Familienstand und ihren Kindern gefragt. "Schritte plus Alpha kompakt für Jugendliche" führt nun in 16 Kapiteln mit altersgerechten Themen die
Buchstaben in einer Progression ein, mit der ich ausnahmsweise einmal zufrieden bin. Im Downloadbereich gibt es zu den einzelnen Büchern und Lektionen Kopiervorlagen für den Lehrer - etwas
versteckt auch einige für das Lehrbuch für Jugendliche.
Anders als in meiner ehemaligen "reinen" Alpha-Klasse werden in IKs aber fast immer Schüler mit und ohne Alphabetisierungsbedarf sitzen. Das heißt, der Lehrer unterrichtet zweigleisig. In anderen Produktgruppen ist es ja auch üblich, eine ganze Kollektion von Arbeits-, Förder-, Forder-, Sprach-, Sach-, Druckschrift-, Schreibschrift- (SA, LA, VA) ...-Heften anzubieten. Warum sollte das also hier nicht klappen, damit in heterogenen Lerngruppen möglichst viel gemeinsam und dennoch passend für die unterschiedlichen Voraussetzungen gelernt werden kann. Zu einem Vorkurs oder einen DaZ-Kurs sollte m.E. immer ein Alpha-Arbeitsheft dazugehören, das thematisch, mit den Abbildungen und mit bewältigbaren Aufgaben auf das A1-Werk Bezug nimmt.